Erbrecht
Inhalt: Vererben und Erbe - Gesetzliche Erbfolge - Gestaltung mit Testament und Erbvertrag - Pflichtteilsrechte - Erbschaftssteuer - Testament und Erbvertrag in bester Form - Nach dem Erbfall - Zuwendung unter Lebenden
Vererben und Erbe
Wer soll mein Erbe sein? Wer bekommt den Schmuck? Soll ich schon jetzt etwas verschenken? Oft gestellte Fragen, deren Beantwortung gleichwohl nicht selten verschoben wird. Es ist keine Frage des Alters, die Erbschaft zu regeln.Auch junge Menschen oder Familien sorgen für den Fall vor, dass ihnen etwas zustößt. Von hoher praktischer Relevanz ist dies gerade dann, wenn Grundbesitz vorhanden ist oder wenn eine Unternehmensnachfolge in Rede steht. Regelungsbedarf besteht aber natürlich auch hinsichtlich anderer Vermögensgegenstände. Das gesetzliche Erbrecht ist nicht ganz einfach und manchmal überraschend. Nur wer es kennt, kann richtig entscheiden. Ihr Notar berät Sie gerne.
Gesetzliche Erbfolge
Jeder Mensch hat Erben. Mit einem Testament oder Erbvertrag bestimmt er die Erben selbst. Sonst gilt im Erbfall die gesetzliche Erbfolge.
Erbfall: Wenn ein Mensch stirbt, übernehmen die Erben die Erbschaft. Vermögensgegenstände und Schulden gehen automatisch auf sie über. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Aber Vorsicht: Für Lebensversicherungen oder Gesellschaftsbeteiligungen können Sonderregeln gelten.
Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt zunächst die Verwandten in einer bestimmten Reihenfolge („Ordnung“). Gleichberechtigte Erben erster Ordnung sind die Kinder. Werden diese nicht Erbe, z.B. weil sie vor dem Elternteil verstorben sind oder die Erbschaft ausschlagen, erben deren Kinder: Auf die Enkelkinder wird – zu gleichen Anteilen – verteilt, was sonst deren Vater oder Mutter erhalten hätte.
Hat der Verstorbene („Erblasser“) keine Kinder oder Enkel, Urenkel etc. („Abkömmlinge“), kommen die Verwandten zweiter Ordnung zum Zuge. Das sind die Eltern des Erblassers. Und wieder ist es so: wenn die Eltern schon tot sind oder das Erbe ausschlagen, erben deren Kinder und Kindeskinder. Das sind die Geschwister oder Neffen und Nichten des Erblassers.
Bei den Großeltern, Urgroßeltern usw. beginnen weitere Erbordnungen. Wenn nur noch deren Abkömmlinge leben, kann es sein, dass der Erblasser seine Erben nie kennen gelernt hatte.
Ehegatten und Partner eingetragener Lebenspartnerschaften haben eine besondere Stellung. Gibt es Verwandte der ersten und zweiten Ordnung, werden die Ehegatten oder Lebenspartner neben diesen Miterbe. Solange der verstorbene Partner z.B. Kinder, Eltern, Geschwister oder Großeltern hat, werden diese am Erbe beteiligt. Der Anteil des Partners hängt von der Vermögensordnung in der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft ab.
Andere Lebensgefährten, vor allem aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Stief- und Pflegekinder haben als solche kein gesetzliches Erbrecht.
Gestalten mit Testament und Erbvertrag
Oft hat der Erblasser andere Vorstellungen als das Gesetz. Mit einer Verfügung von Todes wegen kann jeder die Übertragung seines Vermögens maßgeschneidert regeln. Verfügung von Todes wegen: Der Erblasser kann in einem Testament oder Erbvertrag bestimmen, wer sein Erbe wird und damit die Erbschaft erhält. Mit einem Vermächtnis kann er Einzelgegenstände verteilen. Die Grabpflege z.B. kann erdurch eine Auflage absichern. Ein Testamentsvollstrecker kann damit beauftragt werden, den Nachlass zu verteilen oder für eine bestimmte Zeit für die Erben zu verwalten.
Ein Testament lässt sich jederzeit aufheben oder abändern. Mit Ausnahmen: Hat der Erblasser ein gemeinschaftliches Testament mit seinem Ehe- oder eingetragenen Lebenspartner errichtet, kann er sich davon nur eingeschränkt lösen. Auch die Partner eines Erbvertrages sind an dessen Inhalt gebunden.
Erbvertrag: Der Erblasser kann in einem Vertrag vereinbaren, wer Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Weil der Erbvertrag auch mit Fremden geschlossen werden kann, kann er zum Beispiel eine Altenpflege absichern. Wegen der besonderen Bindung ist die Beratung und Beurkundung durch einen Notar gesetzlich vorgeschrieben. Die frühere kostenrechtliche Privilegierung, wonach derjenige, der einen Ehevertrag schließt, ohne Mehrkosten einen Erbvertrag mit beurkunden lassen kann, ist mittlerweile weggefallen. Erbvertrag und Ehevertrag werden auch dann, wenn sie in einer Niederschrift gemeinsam beurkundet werden, kostenrechtlich jeweils berücksichtigt.
Pflichtteilsrechte
Pflichtteilsrechte beschränken die Gestaltungsfreiheit des Erblassers. Ehe- und Lebenspartner, Abkömmlinge und – wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind – die Eltern des Erblassers sind pflichtteilsberechtigt. Wenn der Erblasser eine berechtigte Person enterbt hat oder wenn diese Person weniger als den Pflichtteil erhält, müssen die Erben einen Geldbetrag als Ausgleich zahlen. Dazu wird der Wert des gesamten Nachlasses ermittelt. Dann wird ausgerechnet, wie viel der Pflichtteilsberechtigte erhalten hätte, wenn er gesetzlicher Erbe geworden wäre. Davon steht ihm die Hälfte als Pflichtteil zu. Der Pflichtteilsberechtigte kann selbst entscheiden, ob er den Pflichtteil verlangt. Er kann vor dem Erbfall in einer notariellen Urkunde auf den Pflichtteil verzichten. Eine Pflichtteilsentziehung durch den Erblasser ist seltene Ausnahme.
Erbschaftsteuer
Steuerliche Überlegungen spielen besonders dann eine Rolle, wenn die Erbschaft die Freibeträge übersteigt. Sie müssen bei der Gestaltung berücksichtigt werden. Vereinfacht kann man sagen: Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto höher der Freibetrag und desto niedriger der Steuersatz. Der Steuersatz ist außerdem auch abhängig vom steuerlichen Wert der Erbschaft. Das Finanzamt bewertet ein Grundstück anders als Bargeld. Als Erbrechtsspezialist arbeitet der Notar eng mit steuerlichen Beratern der Beteiligten zusammen.
Dies zeigt: Das Erbrecht ist kein einfaches Rechtsgebiet. Vermögen oder ein Wohnsitz im Ausland, eine ausländische Staatsangehörigkeit wirken sich auf das Erbrecht aus. Familienstand, Verwandtschaftsverhältnisse und die Vermögensverteilung haben großen Einfluss auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des Erbfalls. Nur mit sorgfältiger Beratung und Planung lassen sich böse Überraschungen vermeiden.
Testament und Erbvertrag in bester Form
Ein Erbvertrag kann nur vor einem Notar geschlossen werden. Testamente können auch in anderer Weise errichtet werden. Viele errichten ein eigenhändiges Testament. Eigenhändiges Testament: Der Erblasser muss die Erklärung von der ersten bis zur letzten Zeile selbst von Hand schreiben und unterzeichnen, Ort und Datum der Errichtung sollten angegeben werden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament, für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner möglich, reicht es aus, wenn einer eigenhändig schreibt und beide unterzeichnen. Immer soll deutlich werden, dass es sich um ein Testament handelt. Ort und Datum werden angegeben, damit keine Zweifel an der Wirksamkeit entstehen.
Eigenhändige Testamente sind oft wegen Formfehlern unwirksam oder geben wegen unklarer Formulierungen Anlass für kostspielige Streitigkeiten. In vielen Fällen werden eigenhändige Testamente nicht gefunden oder gehen verloren. Vor diesen Risiken schützt ein notariell beurkundetes Testament. Der Notar berät eingehend, schlägt auf den Einzelfall zugeschnittene Regelungen vor und setzt sie in eindeutige Formulierungen um. Er prüft auch, ob der Erblasser geistig in der Lage ist, ein Testament zu errichten. Nach der Beurkundung leitet der Notar das Testament versiegelt an das Amtsgericht weiter. Dort wird es für den Erblasser amtlich verwahrt. Ein so hinterlegtes Testament wird nach dem Erbfall schnell und sicher eröffnet. Diese Vorteile wiegen die Kosten für die notarielle Beurkundung auf. Außerdem: Liegt ein notariell beurkundetes Testament oder ein Erbvertrag vor, ist in vielen Fällen ein Erbschein entbehrlich. Die Erben sparen dann die Kosten des Erbscheinsantrages und der Erbscheinserteilung.
Erbschein: Das Amtsgericht prüft und bescheinigt amtlich, wer der Erbe eines Verstorbenen ist. Üblicherweise lassen Erben den erforderlichen Erbscheinsantrag von einem Notar vorbereiten und beurkunden. Der Antragsteller muss urkundliche Nachweise einreichen und an Eides statt versichern, dass seine Angaben richtig sind.
Nach dem Erbfall
Der Erbfall tritt ein. Jetzt müssen die nahen Angehörigen und die Erben trotz aller Trauer in kurzen Fristen wichtige Entscheidungen treffen. Der Todesfall muss dem Standesamt gemeldet werden. Testamente müssen jetzt beim Amtsgericht – Nachlassgericht – abgegeben werden. Eine Erbschaft ist nicht immer willkommen, denn der Verstorbene vererbt auch seine Schulden. Wer erfährt, dass er Erbe ist, muss sich entscheiden. Nur innerhalb einer kurzen Frist – regelmäßig sechs Wochen – kann der Erbe gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft ausschlagen. Wer nicht selbst zum Gericht fährt, muss rechtzeitig zum Notar. Sonst verhindern nur Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz, dass der Erbe mit seinem Vermögen für die Schulden des Verstorbenen haftet.
Nimmt der Erbe die Erbschaft an, muss er gegenüber Banken und Behörden beweisen, dass er Erbe ist. Eine notarielle Urkunde wird meist als Nachweis anerkannt. Ansonsten ist ein Erbschein erforderlich. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft, die den Nachlass gemeinsam verwaltet. Aus dem Nachlass werden Schulden des Erblassers und Steuern bezahlt. Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte können ihre Ansprüche geltend machen. Der Rest kann unter den Miterben verteilt werden.
Erbengemeinschaft: Jedem Erben steht entsprechend seiner Erbquote ein Anteil am gesamten Nachlass zu. Einzelne Gegenstände werden nicht zugeordnet. Über die einzelnen Gegenstände können die Miterben nur gemeinschaftlich verfügen. Sie müssen sich also einigen. Häufig dauert es sehr lange, bis es zu einer Einigung kommt. Dabei ist die unparteiische Beratung durch einen Notar oft hilfreich; bei der Übertragung von Grundstücken wegen der Beurkundungspflicht sogar erforderlich.
Zuwendung unter Lebenden
Statt durch Erbfolge kann Vermögen schon unter Lebenden übertragen werden (Vorweggenommene Erbfolge). Oft werden Grundstücke oder Eigentumswohnungen so an den Ehepartner oder an die Kinder übertragen. Auch für die Unternehmensnachfolge ist ein Übertragungsvertrag zu Lebzeiten ein wichtiges Gestaltungsmittel. Eine Unternehmensnachfolge muss frühzeitig geplant werden, um alle Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen. Verschiedene Ziele müssen miteinander in Einklang gebracht werden: Erhalt des Unternehmens, gerechter Ausgleich zwischen Kindern und Partner, steuergünstige Gestaltung.
Erb-, familien- und gesellschaftsrechtliche Regelungen müssen aufeinander abgestimmt werden. Dies sind Kerngebiete notarieller Tätigkeit. Die Übertragung zu Lebzeiten oder eine erbrechtliche Gestaltung haben Vor- und Nachteile, die sorgfältig gegeneinander abzuwägen sind. Durch langfristige Planung und geschickte Vertragsgestaltung lassen sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse optimal regeln: Eine Zuwendung unter Lebenden kann schenkungs- bzw. erbschaftssteuerlich vorteilhaft sein.
Die Erwerber können sich verpflichten, Versorgungsleistungen zu übernehmen oder Ausgleichszahlungen zu leisten. Die Veräußerer können sich Nutzungsrechte wie auch das Recht vorbehalten, das übertragene Vermögen in bestimmten Fällen zurückzufordern. Die Vertragsparteien können Regelungen zum Erb- und Pflichtteilsrecht treffen. Zuwendungen können auch auf das spätere Erb- oder Pflichtteilsrecht anrechenbar sein. Fehlt dazu eine eindeutige Vereinbarung, ist Streit fast vorprogrammiert. Auch wenn es nicht um große Zuwendungen geht – die Frage der Anrechnung muss beweissicher geklärt sein.
Vorsorge für den Krankheitsfall Auch Unfall, Krankheit kann jeden treffen – plötzlich ist man auf andere angewiesen. Selbst nächste Verwandte oder der Partner haben nicht automatisch das Recht, stellvertretend zu handeln und zu entscheiden. Das Gericht kann in diesen Fällen einen Betreuer einsetzen. Der Betreuer führt die geschäftlichen Angelegenheiten weiter, entscheidet über ärztliche Behandlung. Wer eine Vertrauensperson hat, kann durch eine Betreuungsverfügung den Betreuer selbst vorschlagen. Er kann das gerichtliche Verfahren vermeiden und entsprechende Vollmachten erteilen. Die zusätzliche Absicherung ist vernünftig: Ein Testament regelt nur den Todesfall. Mit einer General- und Vorsorgevollmacht ist gewährleistet, dass die Vertrauensperson z.B. Banküberweisungen veranlassen oder einer Operation im Krankenhaus zustimmen kann.
Generalvollmacht nennt man eine umfassende Ermächtigung für alle Erklärungen. In persönlichen Angelegenheiten (z.B. Arztbehandlungen) müssen die Befugnisse teilweise ausdrücklich benannt werden. Mit einer Patientenverfügung kann man Anordnungen treffen, wie lange Ärzte bei einem unheilbaren Leiden die Behandlung fortsetzen sollen. Vorsorgevollmacht heißt, dass die Vollmacht nur im Notfall benutzt werden soll.
Natürlich ist diese Vollmacht Vertrauenssache. Nicht nur deshalb sollte sich der Vollmachtgeber durch den Notar beraten lassen: Die Vollmacht muss sich im Notfall bewähren. Für ein Nachbessern ist es dann zu spät.
Die notarielle Vollmacht ist beweissicher. Sie genießt besonderes Vertrauen. Die Beurkundung gewährleistet ein Maximum an Beratung und Sicherheit; nicht nur dort, wo sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Als unparteiischer Berater begleitet der Notar die Generationen durch das Erbrecht und seine Klippen. Er hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen und teure Streitigkeiten zu vermeiden.